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Speichel-DNA-Analyse

Ordnungsdezernent Hinsen: mit Spucke gegen Libanesen

Pressespiegel

Allgemeines zur Praxis der Speichelproben ...

Allgemeines zum Skandal um den Essener Ordnungsdezernenten ...

NRZ 02.02.2001

Speichel-Tests: Datenschützer ermitteln

Unter dem Verdacht, dass bei den umstrittenen Speicheltests bei angeblich illegalen libanesischen Flüchtlingen (die NRZ berichtete) nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, hat die Datenschutzbeauftragte des Landes jetzt Stadt und Staatsanwaltschaft im Visier: Die Behörden sollen "Rechenschaft über den ungewöhnlichen Vorgang" ablegen, wie Dr. Dieter Deiseroth die Essener Praxis in bislang rund 40 Fällen bezeichnete. Entsprechende "Ermittlungs-Ersuche" seien gestern an die zur Auskunft verpflichteten Stellen ergangen. Düsseldorf verlangt den Nachweis, dass "die gesetzlichen Voraussetzungen für die DNA-Analysen tatsächlich gegeben" waren. Es bestehe der Verdacht, die Ausländerbehörde habe unerlaubt Personendaten an die Strafverfolger weitergeleitet. Zu untersuchen sei auch, ob den vom Amtsgericht erlassenen Anordnungen auf Speichelproben die zwingend vorgeschriebenen "sorgfältigen Einzelfallprüfungen" vorausgegangen seien. Deiseroth hat Zweifel: "Mir liegen Beschlüsse vor, die formularartig verfasst sind und auf jeden der Fälle passen könnten." Die Vollstreckung sei zudem auf "unwürdige Art und Weise" vollzogen worden. Ordnungsdezenernent Ludger Hinsen bestätigte den Eingang des Schreibens: "Wir werden alle Fragen beantworten." Die Staatsanwaltschaft wollte gestern keine Stellungnahme abgeben.

j.m.
WAZ 23.01.2001 Mantel-Ausgabe (AUS DEM WESTEN)

Essen bat 40 Asylbewerber zum Gentest: Lauter Protest

Datenschützer prüfen Rechtslage - Stadt verteidigt Praxis

Von Michael Weeke

WAZ RUHRGEBIET. Bei der Jagd nach illegal eingereisten Ausländern geht die Stadt Essen eigene Wege. Sie lässt die Polizei genetische Fingerabdrücke von Asylbewerbern einsammeln. Diese eigenwillige Praxis stößt auf Protest.

Es tut nicht weh und dauert nur Sekunden. Mit einem Wattestäbchen nimmt der Beamte beim Speicheltest eine Probe aus der Mundhöhle. Jede Zelle enthält den genetischen Code des Menschen, und der gibt Auskunft über die verwandtschaftlichen Verhältnisse. In den letzten Wochen erreichte die Stadt Essen in 40 Fällen den richterlichen Beschluss für eine solche Probe.

Immer sind Ausländer, die Ende der 80er Jahre nach Essen zogen, die Betroffenen. Der Verdacht: Es kamen rund 2000 Flüchtlinge, die als Herkunftsland den Libanon angaben. Da dort damals ein blutiger Bürgerkrieg tobte, durfte niemand abgeschoben werden. Doch es gibt Hinweise, dass sich Familien aus Dörfern in der Türkei mit falschen Geburtsurkunden Eintritt nach Deutschland verschafften.

Essens Ordnungsdezernent Ludger Hinsen will trotz massiver Kritik an der Praxis der Speichelprobe festhalten. Bis jetzt habe die Stadt bei gut 800 Personen Betrügereien festgestellt. In 35 Fällen lieferte erst der genetische Fingerabdruck den Beweis. Hinsen gibt sich kämpferisch: Wir werden nicht nachlassen.

In den Nachbarstädten stößt das harsche Vorgehen Essens auf Unverständnis. Wir haben noch keine solchen Tests beantragt, sagt Axel Flügge, Leiter des Bochumer Einwohneramtes. Dies sei lediglich als letztes Mittel anzuwenden. Auch in Duisburg oder Dortmund sind solche Methoden nicht üblich.

Unbestritten sind die Erfolge der Kriminalpolizei bei der Strafverfolgung mit Hilfe von DNA-Spuren. Dem Düsseldorfer Landeskriminalamt gelangen bei Diebstahlsdelikten spektakuläre Erfolge. Winzige Hinterlassenschaften der Täter, sei es eine Wimper oder eine mikroskopisch kleine Hautschuppe, entlarvten die Bösewichte.

Doch besonders das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in der letzten Woche hat die NRW-Datenschützer auf die Essener Praxis aufmerksam gemacht. Die Karlsruher Richter fordern für die Anordnung einer Speichelprobe eine sorgfältige Einzelfallprüfung. Außerdem müsse das zuständige Amtsgericht jedes Mal feststellen, ob eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliege.

Von einem ungewöhnlichen Vorgang in Essen spricht Datenschützer Dr. Dieter Deiseroth vom Büro der Landesbeauftragten für den Datenschutz. Wir prüfen jetzt unter anderem, ob unerlaubt Daten an die Ausländerbehörde oder die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben wurden.

Geht es nach dem Willen der Essener Grünen, soll die Stadt die Speicheltests sofort stoppen. Sie sehen darin eine Stigmatisierung der Betroffenen.

WAZ 26.01.2001

Hausverbot für Masri stößt auf heftige Kritik im Rat

Harte Debatte um Speicheltest für Ungeklärte

Sprecher von SPD, Grünen und PDS verurteilten das Hausverbot für das Mitglied des Ausländerbeirates und forderten Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger auf, sich für Masri einzusetzen.

Auch der Vorsitzende des Ausländerbeirates, Muhammad Balaban, kritisierte den Brief der Behörde scharf. Der Ausländerbeirat will sich mit dieser Frage befassen.

Ordnungsdezernent Ludger Hinsen gab sich vor dem Rat ahnungslos: Ich weiß nicht, wer in der Ausländerbehörde auf die Idee gekommen ist? Der Leiter der Behörde, Wendel Lorenz, bleibt bei dem Brief. Masri könne mit Personen kommen, aber nicht allein mit Vollmachten. Das verstoße gegen die Bestimmungen.

Zuvor war es zu heftigen Diskussionen um die Frage der ungeklärten Libanesen und der umstrittenen Speicheltests gekommen. Hinsen und CDU-Sprecher verteidigten die Tests als rechtmäßig und von Gerichten abgesegnet. Bei zweifelhafter Staatsangehörigkeit sei die Behörde verpflichtet, Identitätsnachweise einzuholen, erkärte Hinsen. Mit Mehrheit von CDU, FDP und REP segnete der Rat die Speicheltests ab.

Sprecher von SPD, Grünen und PDS dagegen forderten Absetzung der Tests. Es sei ein menschenunwürdiges Vorgehen, dadurch würde die Stadt bundesweit in Misskredit gebracht. Außerdem bezweifelten sie den Sinn der Tests. Staatsangehörigkeit könne so nicht festgestellt werden.

gu
NRZ 25.01.2001
Schikane oder sauberer Akt der Behörde?

 

Was die Ausländerbehörde als "sauberen Verwaltungsakt auf der Grundlage von Recht und Gesetz" bezeichnet, ist für die Grünen, die SPD, die PDS und Essens Ausländerbeirat allenfalls ein "weiterer Baustein der Diffamierungspolitik" und "Schikane" des Ordnungsdezernenten Ludger Hinsen (CDU), der seit Veröffentlichung des bis heute unbewiesenen Asyl-Skandals durch "falsche" Libanesen unter Dauerkritik steht.

Fakt ist: Die Ausländerbehörde hat dem libanesischen Mitglied des Ausländerbeirates, Mohamad Masri, unter Androhung einer Geldbuße die Wahrnehmung von Interessen ausländischer Mitbürger untersagt.

Masri habe "geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt, ohne dazu befugt zu sein", indem er "mehrfach wöchentlich" im der Ausländerbehörde an der Schederhofstraße vorgesprochen und "unter Vorlage von Bevollmächtigungen Dritter Auskünfte über laufende Verfahren und rechtliche Auskünfte für die Betroffenen" ohne "deren persönliche Beteiligung eingeholt" habe. Der von den Grünen in der Ratssitzung am Mittwoch veröffentlichte Brief wurde unterzeichnet von Wendel Lorenz. Der Behördenleiter kann bei diesem "skandalösen Vorgang", so die Grünen, der vollen Rückendeckung seines vorgesetzten Ordnungsdezernenten versichert sein. Dies bestätigte Ludger Hinsen gegenüber der NRZ, nachdem er am Mittwoch in einer hitzigen Ratsdebatte eindeutige Antworten zu dem Vorgang schuldig blieb und Klärung in den nächsten Wochen ankündigte.

In einem Schreiben an den Oberbürgermeister forderte die Ratsfraktion der Grünen gestern eine Entschuldigung Hinsens, zumal der Vorwurf im Raum stehe, Masri habe für sein Engagement Geld kassiert, was dieser aber entschieden zurückweist. Lorenz meint, es sei völlig unerheblich, ob Masri seine Tätigkeit entgeltlich oder unengeltlich erledigt habe. "Ich gehe davon aus, dass er sich als Mitglied des Ausländerbeirats nicht hat bezahlen lassen."

26 Fälle aus den letzten Monaten des vergangenen Jahres, in denen Masri Interessen Dritter wahrgenommen hat, sind nach Auskunft von Lorenz dokumentiert. Masri bestreitet das: "Im gesamten Jahr 2000 habe ich nur zwölf Vollmachten vorgelegt bei vielleicht acht Vorsprachen und nie mehr als zwei auf einmal." Doch auch zwölf Vollmachten seien nach dem Verwaltungsgesetz schon zuviel, meint Lorenz. Die Frage, welche Anzahl die gesetzliche Obergrenze denn überschreite, wusste der Behördenleiter aber nicht zu beantworten.

Dass Masri es durch seine Bemühungen geschafft habe, den Betroffenen Arbeitserlaubnisse zu besorgen und damit den strapazierten Sozialhilfeetat der Stadt zu entlasten, so die Grünen, spiele wohl gar keine Rolle: "Hinsen setzt seine Politik der Schikanierung bestimmter ausländischer Bevölkerungsgruppen fort", kritisierte die Fraktion, die wie die SPD im Rat zudem forderte, die umstrittenen Speichelproben bei Libanesen unbestimmter Herkunft (die NRZ berichtete) einzustellen: "Wenn sie damit nicht aufhören, Herr Hinsen, wird mir speiübel" - SPD-Ratsherr Peter Reise mochte noch so schimpfen: Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von CDU und FDP genauso abgeschmettert wie die Forderung des Ausländerbeirates, offene Fragen des Aufenthaltsstatus einheitlich auf Landes- oder Bundesebene klären zu lassen.

Und was den Fall Masri angeht, waren sich Eingeweihte einig: "Der ist der Ausländerbehörde lästig und soll nun abgestraft werden." Das weist Lorenz von sich: "Herr Masri ist als Dolmetscher in Begleitung der Betroffenen willkommen."


Von JÖRG MAIBAUM

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WAZ 11.01.2001

Beirat kritisiert DNA-Speicheltest bei Asylbewerbern

Der Ausländerbeirat will sich für ein Ende des Problems der Flüchtlinge ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem Libanon einsetzen und fordert eine humane politische Lösung.

SPD-Ratsfrau Karla Brennecke-Roos kritisierte die jüngsten DNA-Speicheltests zur Feststellung verwandtschaftlicher Verhältnisse und fragte nach Sinn und Menschenwürde. Nur mit richterlichem Befehl würden bei Asyl-Großfamlilien solche Tests von Polizeibeamten unter Teilnahme der Ausländerbehörde vorgenommen, erläuterte der Leiter der Essener Ausländerbehörde, Wendel Lorenz. Erst wenn dadurch eine türkische Verwandtschaft zu vermuten sei, würden Überprüfungen der Nationalität durch türkische Registerbehörden erbeten. "Die Verwaltung arbeitet zu Recht", verteidigten CDU-Ratsherr Kersting und Dezernentin Hock das Vorgehen. 40 Personen wurden bisher bei diesen spektakulären, per Hausdurchsuchungsbefehl durchgeführten Aktionen getestet. Vermutungen gehen dahin, dass unter den etwa 1500 "Ungeklärten" möglicherweise 800 falsche Angaben über ihre Nationalität gemacht haben.

Mit Nachdruck vertritt der Ausländerbeirat die Idee einer Stiftung aus Mitteln des Sofortprogrammes gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Da die rechtliche Überprüfung noch andauert, soll vorsorglich ein Alternativantrag auf Personalkostenzuschuss von je 45 000 DM für die Immigrantenvereine und für interkulturelle Arbeit gestellt werden.

WAZ 11.01.2001

Dezernent verteidigt DNA-Analyse

Die Grünen verurteilen die Speicheltests, denen sich bereits zahlreiche Flüchtlinge aus dem Libanon unterziehen mussten, die PDS spricht gar von einem Amoklauf des Ordnungsdezernenten.

Der bezog gestern im Ordnungsausschuss Stellung zu den Vorwürfen. Kurz und knapp mit Ja beantwortete Ludger Hinsen die Frage des Grünen Karlheinz Endruschat nach der Verhältnismäßigkeit der Aktion im Vergleich zu Gewalttätern. Bei der Leistungserschleichung, so der Ordnungsdezernent, ginge es schließlich um viel Geld. Die Anordnung einer DNA-Analyse erfolge allerdings durch die Staatsanwaltschaft und nicht durch die Ordnungsbehörden. Nach Auskunft des Einwohneramtes sind bei bisher 40 angeordneten Proben 35 positive Ergebnisse herausgekommen. Hier soll ein Verwandtschaftsverhältnis klar gegeben sein.

NRZ 10.01.2001

DNA-Proben: 35 "falsche" Libanesen ausgemacht

In ihrem Bemühen, mit von der Staatsanwaltschaft veranlassten Speichelanalysen sogenannten "falschen" Libanesen auf die Spur zu kommen, sieht sich die Ausländerbehörde bestätigt. Nach 40 Erbgut-Entnahmen zur Bestimmung eines Verwandschaftsgrades der Flüchtlinge (die NRZ berichtete) sei in 35 Fällen eine türkische oder syrische Herkunft nachgewiesen worden. Diese Zahlen nannte Dezernent Ludger Hinsen (CDU) in der gestrigen Sitzung des Ordnungsausschusses auf Nachfrage der Grünen, die das Verfahren ähnlich kritisieren wie die PDS: Ganze Familien würden "wie Schwerverbrecher behandelt".

Bei der Beantwortung der Frage des Grünen-Ratsherrs Karlheinz Endruschat nach der Verhältnismäßigkeit des behördlichen Vorgehens bekam Hinsen unvermutete Unterstützung aus Reihen der SPD. Ratsherr und Staatsanwalt Hans-Georg Bothe, der zu den schärfsten Kritikern des Dezernenten in der Debatte um den angeblichen Asyl-Skandal mit Millionenschaden gehörte, stellte sich hinter Hinsen: Die Verhältnismäßigkeit sei überprüft worden und "wir haben da überhaupt keine Bedenken".

"Das hat mich zufrieden gemacht", sagte Ludger Hinsen gegenüber der NRZ. Der Ordnungsdezernent kündigte an, dass weitere DNA-Analysen geplant seien. Deren Zahl kenne er nicht. Den bereits aufgeflogenen Betroffenen, die sich vor 1988 die für Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon erlassene Härtefallregelung zu Nutze gemacht hätten, um widerrechtlich an eine Aufenthaltsbefugnis zu kommen, drohe nun die Abschiebung. Wobei Hinsen weiß, dass die Türkei sich "weniger denn je bereit zeigt", ihre angeblichen Staatsangehörigen aufzunehmen. "Die Abschiebung dürfte in der Tat der schwierigste Teil des Verfahrens sein." Ratlos zeigte sich der Dezernent in der Frage, wie es weitergehen soll, wenn die Türkei sie nach Deutschland zurückschickt: "Das weiß ich auch noch nicht."

Die Grüne-Fraktion wird in der nächsten Ratssitzung fordern, auf weitere Speicheltests bei "Ungeklärten" aus dem Libanon zu verzichten. Am 24. Januar steht dann auch ein einstimmiger Antrag des Ausländerbeirates auf der Tagesordnung. Der fordert, die Stadt Essen solle sich in Land und Bund für eine Art "Generalamnestie" der rund 2000 ungeklärten Fälle stark machen - mit dem Ziel der Integration, die "aus der Sackgasse" führe. Es sei zweifelhaft, über "Ahnenforschung eine Staatsangehörigkeit oder gar Betrug" nachzuweisen. j.m.

NRZ 05.01.2001

Asyl-Familien müssen zur Speichelprobe

Wenn Registerauszüge angeblicher Herkunftsländer und die Durchforstung der Ausländerkarteien den Behörden bei Abschiebeverfahren nicht mehr weiterhelfen, greifen die Ermittler neuerdings zum Wattestäbchen: Um die Identität der hier lebenden Menschen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem Libanon festzustellen, mussten ganze Familien zur Entnahme von Speichelproben aufs Polizeipräsidium.

Dies bestätigten Oberstaatsanwalt Willi Kassenböhmer und Wendel Lorenz, Leiter des städtischen Ausländeramtes, jetzt auf NRZ-Anfrage. 40 Ermittlungsverfahren sind Kassenböhmer bekannt. In den allermeisten Fällen habe das Amts- gericht wegen des Verdachts der "Falschbeurkundung" in Asyl-angelegenheiten auch eine Entnahme von Körperzellen angeordnet. Über die Labor-Analyse des aus Speichel oder auch aus Blut gewonnenen Erbmaterials lassen sich ähnlich wie bei Vaterschaftstests Verwandschaftsgrade feststellen, die dann Aufschluss über die Herkunft geben sollen. Zumindest dann, wenn man meint, bei einem Familienmitglied eine nicht-libanesische Herkunft bereits festgestellt zu haben, hoffen die Ermittler.

"Einige Ergebnisse" der DNA-Analysen liegen bereits vor, sagt die Staatsanwaltschaft: "Die Proben waren positiv und die Menschen anderer Herkunft, als sie angegeben hatten." Diese Erkenntnisse erscheinen den Behörden geeignet, jenen Verdacht zu erhärten, mit dem Ordnungsdezernent Ludger Hinsen kurz vor der Landtagswahl im Mai für Schlagzeilen sorgte: dass sich hunderte Asylbewerber in Essen durch falsche Angaben über ihre Herkunft ein Aufenthaltsrecht erschlichen haben sollen. Wie berichtet, will die Ausländerbehörde rund 800 Menschen ausgemacht haben, die angaben, Staatsangehörige aus dem Libanon zu sein, "obwohl sie es nicht sind". In einem von zahlreichen der NRZ vorliegenden Amtsgerichtsbeschlüssen heißt es im Fall einer Frau dazu wörtlich: "Es besteht der Verdacht, dass es sich nicht um eine libanesische Staatsangehörige bzw. eine staatenlose Libanesin, sondern um eine türkische Staatsangehörige handelt". Mit richterlichem Segen suchen Polizeibeamte zusammen mit Mitarbeitern der Ausländerbehörde die Betroffenen meist in aller Herrgottsfrühe zu Hause auf und durchsuchen die Wohnungen bei der Gelegenheit häufig auch nach Personalpapieren, Geld oder Schmuck - der Vorwurf des Sozialhilfebetrugs steht häufig im Raum.

"Die Familien samt der kleinen Kinder müssen sich in eine Zimmerecke stellen. Sie dürfen sich nicht vom Fleck rühren, die Frauen nicht einmal einen Schleier holen, um sich vor den Blicken der fremden Männer zu schützen. Das ist sehr erniedrigend", sagt Mohamad Masri, libanesischer Vertreter im Ausländerbeirat, der "bei vielen dieser Hausbesuche dabei" war.

Allzu auskunftsfreudig zeigen sich die Behörden zur Zeit nicht, wenn´s um Details geht - weitere Aktionen dieser Art scheinen noch geplant, und die Betroffenen sollen nicht gewarnt sein. Ludger Hinsen räumt ein, dass die Verfahren zumindest "zum Teil von uns angeregt wurden".

    Von JÖRG MAIBAUM
WAZ 23.12.2000

Entlastung für den Dezernenten

Staatsanwalt stellt Verfahren ein

Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungverfahren gegen den Ordnungsdezernenten Ludger Hinsen wegen des Verdachts der Volksverhetzung eingestellt.

Eine Straftat sei aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht festgestellt worden, heißt es dazu. Die erhobenen Vorwürfe hätten sich angesichts der Widersprüchlichen Angaben der Zeugen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen. Gewertet wurde auch, dass die Äußerung im private Kreise gefallen sei. Ratsmitglieder der SPD und der Grünen hatten Hinsen wegen der angeblichen Äußerung zur Abschiebung libanesischer Flüchtlinge und wenn wir sie mit dem Flugzeug abwerfen angezeigt.

Jetzt will die Stadt von der Staatsanwaltschaft die Akte anfordern, denn gegen Hinsen war von der PDS eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingeleitet worden. Anhand der Akten müssen wir prüfen, ob disziplinarrechtlich gegen den Dezernenten vorgegangen wird oder ob sich das Verfahren nach Aktenlage erledigt, erklärte dazu Rechtsdezernent Dr. Bernhard Görgens.