Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die PDS-Ratsgruppe bittet Sie den folgenden Antrag auf die Tagesordnung der Ratssitzung zu nehmen:
Der Rat der Stadt beauftragt den Oberbürgermeister und die Verwaltung,
- bei der Bundesregierung und der Europäischen Kommission umfassende Informationen zum Fortgang der Verhandlungen zum Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) anzufordern; dabei sollen insbesondere mögliche Rückwirkungen auf demokratische Rechte der Kommunen sowie auf die Zukunftschancen der kommunalen Unternehmen dargestellt werden;
- dem Rat der Stadt regelmäßig in öffentlicher Sitzung über neue Entwicklungen in diesem Zusammenhang zu berichten;
- sich in den kommunalen Spitzenverbänden, bei den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission des 14. Deutsche Bundestages zur Prüfung und öffentlichen Diskussion vor Einleitung neuer Liberalisierungsschritte sowie zur Herausnahme von Kernbereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem GATS umgesetzt werden.
Ausdrücklich unterstützt der Rat der Stadt Essen die Forderung des Verbandes kommunaler Unternehmen, dass Wasserversorgung und Abwasserentsorgung grundsätzlich aus dem Geltungsbereich des GATS ausgenommen werden sollen.
Begründung:
Qualitativ hochwertige Leistungen öffentlicher Daseinsvorsorge sind eine wichtige Grundlage der Lebensqualität der Menschen in unserer Stadt. Ihre Ausgestaltung nach sozialen und ökologischen Zielen ist eine der Grundlagen demokratischer kommunaler Selbstverwaltung.
Die derzeit im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO zum Allgemeinen Dienstleistungsabkommen GATS geführten Verhandlungen sind deshalb besorgniserregend. Die Europäische Union, die die Bundesrepublik in diesen Verhandlungen vertritt, erhebt Liberalisierungsforderungen an Drittländer, nach denen künftig auch bislang geschützte Kernbereiche der kommunalen Daseinsvorsorge den Marktzugangsbedingungen des Abkommens unterworfen werden sollen. So erhebt die EU die Forderung nach Marktöffnung für den öffentlichen Nahverkehr, die Entsorgungswirtschaft sowie die Wasserver- und Abwasserentsorgung.
Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Globalisierung der Weltwirtschaft - Herausforderungen und Chancen" hatte dagegen ausdrücklich gefordert, dass "... Leistungen der Daseinsvorsorge (wie z.B. auch die öffentlichen Bildungs- und Kulturdienstleistungen) aus den Verhandlungen des GATS herausgenommen und auch nicht als Tauschoption für die Marktöffnung weiterer privater Dienstleistungen gelten" sollten. (Dt. Bundestag, Ds. 14 /9200; S. 155)
Gerade die demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen, ihre Verantwortlichkeiten und Aufsichtspflichten für die Daseinsvorsorge laufen im Zuge der Verhandlungen jedoch Gefahr, als Handelshemmnisse im Sinne des GATS den Marktzugangsrechten potentieller Wettbewerbsteilnehmer untergeordnet zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Giesecke (Sprecherin der PDS-Ratsgruppe)
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