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STADTROTINFO
NR. 13,Mai 2002
Stadtrotinfo
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Haushalt 2002 der Stadt Essen

Vorläufige Haushaltsführung als Sparprogramm?

Etatrede der Sprecherin der PDS-Ratsgruppe, Gabriele Giesecke, am 22.5.2002

Bei der Einbringung des Haushaltes vor drei Monaten kennzeichneten Sie, Herr Oberbürgermeister, den Entwurf mit "HSK paradox", denn die Stadt Essen hat gespart wie ein Weltmeister und ist doch ärmer als je zuvor. Eine neue "Strategieausrichtung" sei nötig, so wurde uns bei der Haushaltseinbringung verkündet. Ich zitiere aus der Fortschreibung des HSK: "Eine Haushaltskonsolidierung ,aus eigener Kraft' ist unrealistisch und verantwortbar nicht darstellbar." In der Konsequenz liegt ein Haushaltsentwurf ... vor, der so vom Regierungspräsidenten nicht genehmigt wird, denn es wird weder die Konsolidierungslinie für 2002 eingehalten noch der vorgegebene Konsolidierungszeitraum.

Einige Eckdaten des verabschiedeten Haushaltes 2002 Am 22.5. entscheidet der Stadtrat über den seit Februar 2002 vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2002 einschließlich der Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK). Zunächst einige Rahmendaten: Das Gesamtvolumen des Haushaltes beträgt 2,034 Mrd. Euro auf der Ausgabenseite und rd. 1,756 Mrd. Euro Einnahmen. Das heißt, es gibt ein unglaubliches Defizit von 278,3 Mio. Euro. Damit ist das im letzten Jahr mit schmerzhaften Einschnitten in städtische Dienstleistungen von CDU, FDP und REP durchgezogene HSK nur noch Makulatur: Dort war mit einem Fehlbetrag von 141,7 Mio. Euro in 2002 gerechnet worden, die ursprüngliche Konsolidierungslinie wird so um 136,6 Mio. Euro überschritten. Allein die Gewerbesteuer fällt 2002 um 73,3 Mio. Euro niedriger aus als geplant. Weitere 11,2 Mio. Euro fehlen beim Anteil an der Einkommenssteuer gegenüber der Vorjahresplanung. Dazu kommt, dass Land und Bund den Kommunen immer weitere Ausgaben aufhalsen, ohne ihnen dafür einen finanziellen Ausgleich zu geben. So sind in Essen 41,2 Mio. Euro Mehrausgaben auf durch das sogen. 2. Verwaltungsmodenisierungsgesetz des Landes, das Steuersenkungsgesetz des Bundes sowie einige weitere Gesetze zurückzuführen.

Wenn in den letzten Jahren die PDS oder früher auch schon mal die Grünen die Stadt und die Mehrheitsfraktionen im Stadtrat aufgefordert haben, sich den Konsolidierungsauflagen des Regierungspräsidenten nicht zu beugen, sondern die Konfrontation zu suchen, so wurden diese Vorschläge immer als wenig erfolgversprechend zurückgewiesen ... Warum, so ist zu fragen, lassen Sie sich Herr Oberbürgermeister, und ihrer Partei das Heft des Handelns nun aus der Hand nehmen?

Es drängt sich da eine sehr einfache Erklärung auf: Sie meine Damen und Herren von der CDU scheuen im Verein mit dem Oberbürgermeister die Entscheidungen darüber, was sich diese Stadt noch leisten kann und was eben nicht mehr. Die vorläufige Haushaltsführung, der der Haushalt durch die späte Einbringung unterliegt, hat sich dabei als das beste Sparprogramm erwiesen - 22 Mio. Euro wurden allein im letzten Jahr über das Haushaltssicherungskonzept hinaus eingespart ...

Unter breiter Beteiligung aller politischen Kräfte und einer öffentlich geführten Diskussion sollte schnellstens mit dem Regierungspräsidenten geklärt werden, wie die Stadt Essen zu einem genehmigten Konsolidierungskonzept kommen kann. Dabei hat auch der Regierungspräsident einen gewissen Spielraum, wie die Genehmigung von Krediten für Zollverein außerhalb der normalen Kreditlinie zeigt ...

Gewerbesteuer anheben - Ausverkauf unserer Stadt stoppen

Man kann es gar nicht oft genug sagen: Die Einnahmeseite ist das eigentliche Problem kommunaler Haushalte. Eine Konsequenz u.a. aus den Steuerreformen, bei denen die rot-grüne Bundesregierung nicht mit der Tradition der Kohl-Ära gebrochen hat, vor allem die Konzerne zu entlasten ... Es ist wirklich nicht länger hinnehmbar, das sich die Konzerne mehr und mehr von der Gewerbesteuerzahlung verabschieden.

Um so unverständlicher ist es, dass der Gewerbesteuerhebesatz in diesem Jahr wieder nicht angehoben werden soll. Ebenso unverständlich, dass der Gewerbesteuerprüfdienst erst ab 2003 bzw. 2005 um je eine Stelle erweitert werden soll. Hier hat die Stadt Gestaltungsspielraum, den sie nutzen sollte. Bitte folgen Sie deshalb den entsprechenden Anträgen der PDS sowie der Fraktion der Grünen. 8 Mio. Euro Mehreinnahmen brächte schließlich allein die Erhöhung des Hebesatzes von 470 auf 490 Punkte. Und da jeder Euro zählt: Warum werden die teuren Kassenkredite, von denen die Stadt sowieso nicht so schnell wegkommt, nicht in langfristige Kredite zu Kommunalkonditionen umgewandelt? Es ist doch nicht einsehbar, dass sich weiterhin die Banken an den Zinsen dumm und dämlich verdienen ...

Schluss gemacht werden muss allerdings mit dem Weg, die Einnahmen der Stadt durch den Ausverkauf städtischen Eigentums zu steigern, wie ihn die CDU assistiert von FDP und REP gegangen ist. Er führt in eine gefährliche Sackgasse ... Beispielsweise würde sich die Stadt durch den aktuell anstehenden Verkauf von 49% der EBE an die RWE-Tochter Trienekens in der Abfallwirtschaft endgültig dem RWE-Konzern ausliefern ... Das (ist) eben kein verantwortlicher Umgang mit städtischem Eigentum, zu dem wir verpflichtet sind.

Das gilt im Übrigen auch für die windigen US-Lease-Geschäfte, bei denen städtisches Eigentum an nicht bekannte sog. "Investoren" verkauft wird ...

Spekulation über Haushaltsverlauf

Auf einem richtigen Weg befindet sich die Stadt, wenn sie für eine Gemeindefinanzreform eintritt ... Angesichts der Einnahmeausfälle bei Bund und Land, verursacht durch riesige Steuergeschenke für Konzerne, haben sich die Chancen, Bund und Land eine Finanzreform zu Gunsten der Kommunen abzuringen, aber nicht gerade verbessert. Dies gilt, egal wer im Herbst die Bundesregierung stellt.

Insofern ist es schon sehr verwegen, wenn das Haushaltssicherungskonzept auf folgender Annahme basiert, ich zitiere: "Die nachfolgenden Kalkulationen gehen deshalb davon aus, dass die 1999/2000 eingetretenen, extern verursachten Haushaltsverschlechterungen im vollen Umfang durch die Gemeindefinanzreform rückgängig gemacht werden."

Statt die Finanzplanung auf Spekulationen aufzubauen, sollte lieber die Frage geklärt werden: Wo und Wie können die Kommunen die dringend benötigten Verbündeten finden, um eine ihren Interessen berücksichtigende Finanzreform durchzusetzen? Ich will hier drei Gruppen nennen, die schnell vergessen werden: Die Einwohnerinnen und Einwohner dieser Stadt, die Beschäftigten bei der Stadtverwaltung und die Gewerkschaften. Der Haushalt ist aber leider so angelegt, dass es schwierig sein wird, diese Verbündeten wirklich zu gewinnen. Das will ich auch begründen.

Metropole oder soziale Stadt?

Ich komme noch mal auf Ihre Rede zur Einbringung des Haushaltes zurück, Herr Oberbürgermeister. Ich zitiere: "Es ist unrealistisch zu glauben, die öffentliche Hand könnte die Daseinsvorsorge auf allen Feldern auf dem jetzigen Niveau halten ... Das Sich-Zurücknehmen muss in ein Teilen bei der Wahrnehmung von Aufgaben münden ...Wir müssen immer wieder kompetente Partner finden, um mit ihnen bei der Lösung von Problemen zusammenzuarbeiten." Als "Partner" nennen Sie dann allerdings nur die Essener Wirtschaft, das Kooperationsprojekt "Weststadt" mit der LEG, ECONOVA mit Partner RWE usw. Partner, mit denen Sie Essen als soziale Stadt erhalten und profilieren können wie die vielen freien Träger, kleinen und großen Vereine und Wohlfahrtsverbände, Kirchen usw. fehlen gänzlich. Zufall? Wohl kaum.

Während "unten" bei den Dienstleistungen für die weniger gut betuchten Essenerinnen und Essener um jeden Euro gefeilscht wird, werden die Großprojekte, die der Profilierung Essens als Konzernzentrale einen Metropolenanstrich verleihen sollen, munter weiter verfolgt - koste es was es wolle.

So der höchst umstrittene Bau des Messeparkplatzes an der Lilienthalstraße mitten im Landschaftsschutzgebiet - er dient der Profilierung als Messestandort. Die Weststadt-Hallen werden 1,1 Mio. Euro teuer als erwartet - prompt soll die städtische Investition das geschäftliche Risiko der privaten Double-Show "Stars in Concert" absichern ... Der Umbau des Saalbaus zur Philharmonie kostet rd. 10 Mio. Euro mehr als ursprünglich geplant - das Geld wird bereitgestellt.

Dazu passt, dass der Zuschuss für die Theater und Philharmonie GmbH noch mal um 2,2 Mio. Euro auf insgesamt 36,3 Mio. Euro gesteigert wird, u.a. durch das neue Konzerthausmanagement für die Saalbauphilharmonie. Für die Schulmilch dagegen stehen lächerliche 128.000 Euro zur Verfügung. Schade, dass sich die Grünen für diese abgespeckte Wiedereinführung der Schulmilch ihr "Ja" zum Saalbau haben abkaufen lassen. Es ist wirklich ein Frage des Anstandes und nicht des Geldes, die Schulmilch mindestens wieder in der alten Form einzuführen.

Es fehlen existenzsichernde Arbeitsplätze

Während dessen soll im Sozialhilfeetat weiter gespart werden. Die Vermittlung von Sozialhilfeempfängern in Arbeit ist dabei noch eine sinnvolle Aktivität. Wir lehnen es aber ab, Sozialhilfebezieher mit Entzug von Sozialhilfe zu bedrohen, wenn sie nicht bereit sind, für 1 Euro pro Stunde zusätzlich zur Sozialhilfe zu arbeiten ...

Solange es an existenzsichernden Arbeitsplätzen fehlt, ist der Sozialhilfeentzug reine Schikane. Dabei wird immer deutlicher sichtbar, dass die Billigjobs im Niedriglohnsektor den Sozialhilfeetat auf Dauer nicht entlasten. Bereits im letzten Jahr bezogen 1.700 Menschen ergänzende Sozialhilfe, obwohl sie einer Vollzeitbeschäftigung nachgingen. Und leider wird die Frage nicht einmal mehr aufgeworfen, wie existenzsichernde Arbeitsplätze geschaffen werden können, weder durch OB Reiniger und durch die CDU.

An dieser Stelle ein Wort zu Bergforth ... Es ist höchste Zeit wieder stärker darüber nachzudenken, wie die öffentlich-rechtlich verfassten Sparkassen stärker in die Verantwortung für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen genommen werden können ...

Soziale Stadt erhalten und ausbauen

Unbeirrt aller Proteste hält die CDU an der Flächenerschließung für den Eigenheimbau fest ... Hier spielt die CDU den großen Wohnungsbaugesellschaften in die Hände. So will z.B. Viterra aus der Nachverdichtung der Bergbausiedlungen Schlägelstraßen, Eisenstraße, Im Grund und Pestalozziweg beim Verkauf an die Mieter noch einen guten Gewinn mitnehmen. Viterra als bundesweit größter Wohnungsgesellschaft gehören allein in Katernberg 40% der Wohnungen.

Stattdessen ... wäre es nötig, gemeinsam mit den Einwohnern und ihren Initiativen als Partner Konzepte zur Stadt(teil)entwicklung zu erarbeiten, die Essen als soziale und kinderfreundliche Stadt profilieren ...

Essen als soziale Stadt, als Stadt für Kinder - freie Vereine und Einrichtungen erbringen hier wichtige Dienstleistungen, ohne die Essen das Prädikat "sozial" schon lange noch weniger verdienen würde. Mit ihnen als Partner sollte die Kooperation ausgebaut werden ... Was passiert aber mit den sogenannten freiwilligen Leistungen, wenn der Regierungspräsident als Sparkommissar das Zepter schwingt? Was passiert mit den Verträgen ..., die Ende 2002 auslaufen? Sie erhalten die dringend erforderlichen städtischen Zuschüsse z.Z. noch, weil sich die Stadt dazu vertraglich verpflichtet hat. Hier ist eine klare Aussage zugunsten der freien Träger notwendig, die wir im Rahmen der Verabschiedung des Haushaltes durch unseren Antrag dazu erreichen wollen.

Die städtischen Beschäftigten sind ebenso Leidtragende der vorläufigen Haushaltsführung ...

So wie dieser Haushalt angelegt ist, berücksichtigt dieser Haushalt die Interessen der Großen und Starken in dieser Stadt, werden die Großen und Starken nach ihrer Meinung und nach ihren Wünschen gefragt. Die Kleinen und die Schwachen werden nicht gefragt und ihre Interessen werden mit Füßen getreten. Den vorliegenden Haushalt kann die PDS deshalb nicht mittragen ...


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Letzte Änderung: 09.08.2002 - os
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