Ratsgruppe Essen


 

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STADTROTINFO
NR. 8, MAI 2001
Stadtrotinfo
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Entscheidungen stehen nach wie vor aus

Standort des Straßenstrichs als Such-Aufgabe für die IHK

Die Diskussion um den Drogenstrich an der Münchener Straße nimmt immer skurrilere Züge an. Bei einem Gespräch der Initiative Schederhofviertel und der an der Münchener Straße ansässigen Firmen mit den Ratsfraktionen - die PDS war durch diese selektive Einladung nicht dabei - mußte sich die CDU heftige Kritik anhören. Immerhin ist sie mitverantwortlich für die Vertreibung des Drogenstrichs vom Bereich Hauptbahnhof an die Münchener Straße. Um eine Entscheidung, wo der Drogenstrich nun angesiedelt werden soll, drückten sich CDU und Stadtspitze jedoch wieder einmal herum.

Vereinbart wurde lediglich eine Standortsuche. Und wer wurde damit beauftragt? Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), Rolf Nienhaber. Diese Entscheidung ist - ganz unabhängig von der Person - der Gipfel. Denn immerhin geht es beim Drogenstrich ja in erster Linie um soziale Aspekte, nicht nur für die Anwohner, sondern vor allem auch für die Prostituierten. Deren Interessen werden damit ganz anderen "Standortfragen" untergeordnet: Nämlich der Frage, wo sich Investitionen am Besten rentieren, auf daß die Investoren möglichst ungestört bleiben.

Eine Zurückverlegung des Drogenstrichs in die Innenstadt lehnt Herr Nienhaber denn auch ebenso kategorisch ab, wie einen Verbleib an der Münchener Straße. Die PDS-Gruppe hat sich wiederholt für einen Standort in der Nähe zum Hauptbahnhof ausgesprochen, wo er bis vor einem Jahr auch war. Es macht nämlich keinen Sinn, jahrelang Hilfseinrichtungen für Drogenkranke rund um den Hauptbahnhof zu konzentrieren, um dann die Szene samt Straßenstrich von dort zu vertreiben. Das untere Ende der Hachestraße, am alten Güterbahnhof, könnte ein Kompromiß sein. Hierfür müßte der Sperrbezirk in der Innenstadt jedoch eingeschränkt und nicht ausgeweitet werden.

Egal, wo ein Standort letztlich ist: Die wochenlange Diskussion behindert vor allem die Einrichtung wenigstens mobiler Hilfsangebote für die Prostituierten. Solche Angebote fangen bei Müllbehältern für gebrauchte Spritzen an. Sanitäre Einrichtungen, ein mobiles Café usw. wären besonders dringend. Bisher fahren nur Krisenhilfe und Arztmobil die Münchener Straße zeitweilig an. Hilfsangebote bringen auch soziale Kontrolle, die nicht nur zum Schutz der Anwohner, sondern auch der Prostituierten nötig ist. Der Essener Straßenstrich gilt nämlich schon lange als der gewalttätigste in diesem Raum. Und statt nach "Selbsthilfe" zu rufen, könnten auch die ansässigen Geschäftsleute etwas Vernünftiges tun und sich an der Finanzierung solcher Angebote beteiligen.

Nötig ist in jedem Fall eine "Standort"-Entscheidung. Es ist schlichtweg weltfremd, wenn Ordnungsdezernent Hinsen nach wie vor so tut, als ob man einen Straßenstrich ganz aus der sechstgrößten Stadt der Bundesrepublik verbannen könnte. Gefragt sind dabei gründlichere Lösungen. Viel lernen kann man vom "Utrechter Modell" oder ähnlichen Versuchen in den Niederlanden. Dort wurden für den Straßenstrich feste Anlagen an Stellen, an denen sie kaum stören, eingerichtet. Das setzt allerdings eine Abkehr vom Provinzialismus voraus.

Wolfgang Freye

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Letzte Änderung: 07.04.2002 - os
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