Ratsgruppe Essen


 

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STADTROTINFO
NR. 6, MÄRZ 2001
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Es geht nicht "nur" um die Bäder, sondern um die bürgerlich-rechte "Spar"politik

Über 26.000 Unterschriften für den Erhalt der Bäder- und Sportstätten, so lautet die eindrucksvolle Bilanz des dritten großen Bürgerbegehrens in der Stadt Essen. Bedenkt man, dass das Begehren vier Wochen nach dem Beginn und nachdem schon mehrere tausend Unterschriften gesammelt worden waren wegen einer von der Stadt angemahnten Textänderung neu gestartet werden musste und die Sammlung zum Jahreswechsel praktisch weitere zwei Wochen ruhte, so ist der Erfolg noch höher zu bewerten.

Trotzdem hat sich der Rat dem Begehren nicht angeschlossen. Während FDP und REP ihr Abstimmungsverhalten bis wenige Tage vor der Sitzung im Unklaren ließen, stimmten beide in inzwischen schon trauter Eintracht gemeinsam mit der CDU das Begehren nieder. Damit wird es das erste Mal zum Bürgerentscheid in Essen kommen. Er findet am Sonntag, 20. Mai 2001 statt. Und bis dahin ist Wahlkampf angesagt, denn es gilt, mehr als 20 % der Wahlberechtigten zur Teilnahme an der Abstimmung zu gewinnen.

Bei der Ratssitzung wurden die Argumente geschärft. Das Kunststück wird darin bestehen, einerseits den konkreten Zweck des Bürgerbegehrens, den Erhalt des Nöggerathbades im Essener Westen und des Kuhlhofbades im Norden zu verdeutlichen, andererseits aber auch den Zusammenhang zur Politik des sozialen Kahlschlages auf vielen Feldern deutlich zu machen. Scheitert das Bürgerbegehren, wird die bürgerlich-rechte Mehrheit das als ihren Erfolg verbuchen und umso enthemmter weitermachen.

Um dem Bürgerbegehren zum Erfolg zu verhelfen, haben sich in verschiedenen Stadtteilen bereits Initiativen gebildet. Informationen darüber gibt es im Internet unter www.essen-buergerentscheid.de

(wof)

Gabriele Giesecke (PDS-Gruppe) im Rat

Die PDS hat das Bürgerbegehren von Anfang an unterstützt und wird sich selbstverständlich auch im Rat dem Bürgerbegehren anschließen ... Dass sich die Ratsmehrheit, insbesondere die CDU; dem Bürgerbegehren nicht anschließen will, fällt auf sie selbst zurück: Zwei Jahre nach dem Erfolg des Bürgerbegehrens gegen den Philharmonie-Neubau, durch den die CDU in den Aufwind gekommen ist, ist das Schlagwort "mehr Bürgernähe" für sie zum Fremdwort geworden ...

Mehr noch: Der Ratsbeschluß selbst ist - zumindest was die Schließung des Nöggerathbades angeht - so unsolide und mit der "heißen Nadel" gestrickt, dass noch nicht einmal mehr die Formalitäten der Gemeindeordnung eingehalten wurden. Die BV III wurde übergangen, der Antrag stand nicht in der Tagesordnung des Rates, was erst der Regierungspräsident beanstanden musste ... Um der Kürzungs- und Privatisierungspolitik mit starker sozialer Schlagseite einen Riegel vorzuschieben, ist ein Erfolg des Bürgerbegehrens so wichtig.

Daß die CDU-Haushaltskonsolidierungspolitik die Ärmsten der Armen trifft, ist in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden. Diejenigen, die die öffentlichen Bäder nutzen, haben keine privaten Swimmingpools und können sich in vielen Fällen noch nicht einmal einen Urlaub leisten. Getroffen werden zwei Stadtteile nördlich der A 40, die - insbesondere Altendorf als "Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf" - heute schon sozial "wegzukippen" drohen. Für über 90.000 Einwohner im Essener Westen soll es dann bestenfalls ein Freibecken an der Oase von 25 x 12 m geben, die 60.000 Bewohner von Altenessen-Karnap sollen nach Gelsenkirchen in den Revierpark Nienhausen fahren - beides ist ein schlechter Witz.

Dabei ist das Becken an der Oase genauso wenig gesichert, wie die "peppige" Renovierung des Strandbades Dellwig: Wenn es in der Verwaltungsvorlage zur Entwicklung der Sportstätten und Bäder heißt, mit den Sanierungs- bzw. Ausbauarbeiten solle nach der Vermarktung des Nöggerathbades in ein bis zwei Jahren begonnen werden, so ist das Augenwischerei. In ein bis zwei Jahren wird kaum ein Grundstück am Nöggerathbad verkauft sein, es wird noch nicht einmal einen rechtsgültigen Bebauungsplan geben, wenn ein Anwohner Einspruch erhebt - was absehbar ist ... Ohne verschiedene städtische Aufgaben gegeneinander ausspielen zu wollen: Es ist ein Unding, dass über die Zuschüsse für die Bäder und Sportstätten ständig geredet wird, die für die "Hochkultur" der TUP in der Öffentlichkeit jedoch als selbstverständlich akzeptiert werden ... Aber darüber wird nicht geredet, weil das Aalto-Theater - bei aller Anerkennung für die künstlerischen Leistungen, die wir teilen - auch unter dem Stichwort der "Standortpolitik" und Wirtschaftsförderung läuft ... Die Bäder haben dagegen nichts mit Wirtschaftsförderung, wohl aber mit der Lebensqualität für das sozial untere Drittel der Gesellschaft zu tun, insbesondere für Kinder und Jugendliche - und das zählt heute weniger, als vor einigen Jahren ... Ebenso skandalös ist die Tatsache, dass das Kuhlhoffbad zugemacht werden soll, obwohl die Interessengemeinschaft Kuhlhoffbad zu der Absicht steht, das Bad zu übernehmen. Ähnliche Überlegungen sind auch im Essener Westen denkbar - wenn die CDU hierauf nicht eingeht, zeigt das nur, dass sie die geplanten Einsparungen von 3,8 Mio. DM im Sportbereich unbedingt erreichen will - koste es in punkto sozialer Infrastruktur, was es wolle. Dabei ist die Übernahme von Sporteinrichtungen durch Vereine doch auch im Sinne des "Selbsthilfeprinzips", das sonst von der CDU im Sinne der katholischen Soziallehre hochgehalten wird.

Und an mangelnder Kompromissbereitschaft der Initiatoren des Bürgerbegehrens ist eine Lösung des Problems auch nicht gescheitert. Der Verkauf einiger kleinerer Parzellen der beiden Bäder als Bauland, die Verkleinerung der Wasserfläche des Kuhlhoffbades, so dass kein Bademeister gebraucht würde, wären Alternativen gewesen, die von den Initiatoren des Bürgerbegehrens nicht rundweg abgelehnt wurden.

Daß die CDU solche Kompromisse abgelehnt hat, zeigt nur, dass es ihr auch um ihr Lieblingskind geht: Die Schaffung von Bauland. Und klar ist: Wenn allein das Nöggerathgelände 12 Mio. DM bringen soll, von denen nach schönfärberischer Rechnung 6 Mio. DM in die Sportstätten und Bäder reinvestiert werden, bleibt ein viel größerer "Konsolidierungsbeitrag" übrig, als der Betrag, der im Sporthaushalt selbst eingespart werden soll ...


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Letzte Änderung: 07.04.2002 - os
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