Ratsgruppe Essen


 

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STADTROTINFO
NR. 4, NOVEMBER 2000
Stadtrotinfo
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Bürgerbegehren für Kuhlhoff- und Nöggerathbad am Start

CDU, FDP und REP boxen Scheinlösung für Oase und Twentmannhalle durch

"Jedes Jahr ein Bad im Bau", so lautete in den 60er und 70er Jahren die Devise der Ratsmehrheit. Abgesehen von der von Anfang an absehbaren Pleite des "Spaßbades" Gildehofcenter ging es im Zusammenhang mit der Haushaltsdiskussion in diesem Jahr jedoch erstmals um die Schließung von Bädern. Das von CDU, FDP und REP im Mai beschlossene Haushaltskonsolidierungskonzept sah die Schließung des Freibades Nord an der Kuhlhoffstraße in Altenessen und des Bad- und Freizeitzentrums Oase in Frohnhausen vor. Auch die Turnhalle Twentmannstraße stand auf der Abschußliste.


Von Jugendlichen besetzt wurde das Kuhlhoffbad am 25.8.2000, als symbolische Maßnahme. Die Bürgerliste Nord unterstützte die Aktion.

Bürgerbegehren für ein gesichertes Sport- und Sportstättenangebot

Gem. § 26 GO beantrage ich die Durchführung eines Bürgerentscheides zu folgender Frage: Sind Sie dafür, daß die Sportstätten und Bäder in Essen erhalten bleiben und dauerhaft als notwendige Infrastruktureinrichtungen abzusichern sind, was die Einrichtungen Kuhlhoffbad, Oase, Nöggerathbad und Twentmannhallen im Norden und Westen der Stadt einschließt.

Begründung:

Die CDU/FDP-Koalition im Rat der Stadt Essen plant die Aufgabe bzw. Schließung von Sportstätten und Bädern. Wenn es nach dem Willen dieser Parteien geht, verliert Essen attraktive Freizeitangebote im Sportbereich für immer. Gleichzeitig werden Prestigeobjekte angeschoben, die über Jahrzehnte Folgekosten in Millionenhöhe verursachen. Der Oberbürgermeister will Einsparungen von ca. 3,5 Mio. DM im Sportbereich erzielen, das wäre für die Familien, Kinder und Senioren gerade im Norden und Westen der Stadt fatal. Bäder und Sportanlagen sind unverzichtbarer Bestandteil einer lebendigen Stadt. Dieses Stück Lebensqualität muß dauerhaft gesichert werden.

Kostendeckungsvorschlag:

Die notwendigen Kosten werden durch den Verkauf von RWE-Aktien gedeckt.

Vertreter der Unterzeichnenden:

Jürgen Beese, Udo Karnath, Norbert Jedrau

Erstunterzeichner/-innen:

Ilona Bauschen (Aktion Oase), Melanie in der Beek (Kita Seumannstraße), Herbert Bußfeld (SV Altenessen 1912 e.V.), Rainer Doliv (IG Kuhlhoffbad), Karlheinz Endruschat (B. 90/Grüne), Birgit Fenge (Initiative Bürgerhaus Oststadt), Michael Franz (SPD, BV VI), Wolfgang Freye (PDS, BV III), Gabriele Giesecke (PDS), Peter Granzin (IG Kuhlhoffbad), Ingrid Hochheim (Bürgerliste Nord), Theo Jansen (SPD Altenessen), Roland Kaiser (KBB 1999 e.V.), Jörg Kerlen-Prinz (SPD Altenessen), Patrick Köbele (Allbau-Initiative), Günter Kropp, Rudolf Neumann (DKP Altenessen), Iris Nowack (SPD, Vorsitzende Sportausschuß), Willi Nowack (SPD, MdL), Niko Pankop (SDAJ), Ulrike Pankop (Parkschule Altenessen), Birgit Petereit (Elternrat Haus Heide), Karin Schnittker (DKP), Detlef Zeich (Essen 06).

Es kam jedoch (fast) ganz anders: Seitdem die Schließungspläne bekannt wurden, regte sich Protest. Über 9.000 Unterschriften wurden inzwischen gegen die Schließung der Oase gesammelt. Die auf Initiative der Bürgerliste Nord gegründete Interessengemeinschaft Kuhlhoffbad e.V. legte ein von anerkannten Gutachtern erstelltes Alternativkonzept vor, das sowohl bei den nötigen Investitionen als auch bei den Betriebskosten weit unter den von der Stadt veranschlagten Kosten bleibt. Für alle drei zur Schließung anstehenden Einrichtungen sollte ein Bürgerbegehren eingeleitet werden, die nötigen Schritte waren bereits eingeleitet. Während das Gutachten zum Kuhlhoffbad von der Ratsmehrheit schlicht ignoriert, wurde, änderte sie in punkto Oase kurzfristig die Marschrichtung. Keine 48 Stunden vor der Ratssitzung ließ sie ein neues Konzept vorlegen, nach dem das Freibad Nöggerathstraße in E.-Altendorf geschlossen und Oase und Sporthalle Twentmannstraße erhalten werden sollen. Die Oase, die nur wenige hundert Meter vom Nöggerathbad entfernt liegt, soll sogar durch ein Außenbecken aufgewertet werden. Unter heftigen Protesten von der Zuschauertribüne wurde dieses Konzept in der letzten Ratssitzung mit den Stimmen von CDU, FDP und REP beschlossen.

Spaltungsversuch soll mehr Geld für die Haushaltskonsolidierung bringen

Tatsächlich handelt es sich bei dem neuen Konzept um eine Scheinlösung, um einen unausgegorenen "Schnellschuß", mit dem vor allem die Initiativen zum Erhalt der drei Einrichtungen auseinanderdividiert werden sollen. Denn die nötigen Gelder zur Renovierung der Oase und der Sporthalle Twentmannstraße sollen aus der Vermarktung des Geländes des Freibades Nöggerathstraße als Bauland kommen. Ob sich dieser Boden jedoch überhaupt vermarkten läßt, ist fraglich. Der Boden enthält Mergelschichten, auf denen ein Hausbau ausgesprochen aufwendig werden kann. Darüber hinaus kann das Gelände erst vermarktet werden, wenn eine Bauleitplanung vorliegt, und das kann z.B. im Falle eines Widerspruchs Jahre dauern. Selbst wenn das Konzept umgesetzt werden kann, hätte ein wirkliches "Geschäft" nur die Ratsmehrheit gemacht. Sie könnte nämlich einen erheblich höheren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung verbuchen, als geplant, und hätte ihr Lieblingsprojekt vorangebracht, die Bereitstellung von Bauland für private Eigenheime. Denn selbst die vorsichtige Schätzung der Verwaltung geht davon aus, daß der Verkauf des Geländes des Nöggerathbades einen Erlös von 12 Mio. DM bringen wird. Zur Renovierung und zum Ausbau der bestehenden Bäder und der Turnhalle sollen davon jedoch nur rund 6 Mio. DM verwendet werden, von denen dann auch noch 3 Mio. DM in das Strandbad Dellwig fließen, das erheblich maroder ist, als das Nöggerathbad. Beide Bäder, das Nöggerathbad und das Strandbad Dellwig, werden vom Schwimmverein Ruwa Dellwig betrieben. "Schweigegeld" ist wohl der treffende Ausdruck für die 3 Mio. DM. Darüber hinaus ist klar, daß die Schließung des Nöggerathbades andere Lücken reißen würde. Es ist das einzige Freibad im Essener Westen. Und auch, wenn an der Oase ein Außenbecken gebaut wird: Mit aus Platzgründen maximal 25 mal 12 m ist es kein Ersatz für das Freibad, zumal die Liegefläche zu klein und der Eintritt der Oase zu hoch ist. Statt 5 DM beim Nöggerathbad muß man bei der Oase mit ihren Freizeiteinrichtungen nämlich 15 DM hinlegen - zu viel für den kurzen, erholsamen Sprung ins Naß bei schönem Wetter. Gerade die ärmeren Teile der Bevölkerung, die sich keinen Urlaub leisten können, wären also die Gebeutelten, wie an vielen anderen Punkten des Haushaltskonsolidierungskonzeptes.

Unterschriftensammlung begonnen

Aus solchen Gründen hat die Änderung der Pläne die Gemüter keineswegs beruhigt. Im Gegenteil: Die Arroganz, mit der sich die CDU über das Gutachten zum Kuhlhoffbad hinwegsetzte und die Schließungspläne für das Nöggerath führen neue Kräfte in die Auseinandersetzung. Der Bürgerverein Altendorf hat heftig gegen die Schließung des Nöggerathbades protestiert. Sogar die halbe CDU-Fraktion der Bezirksvertretung Essen-West stimmte in der letzten Sitzung für den Erhalt des Nöggerathbades.

Die Bürgerinitiativen haben sich schon vor der Ratssitzung auf die neue Situation eingestellt. Sie verständigten sich auf ein initiierendes Bürgerbegehren für den Erhalt aller Einrichtungen, deren Schließung im Gespräch war oder ist. Dadurch soll ein Begehren gegen alle Schließungsabsichten ermöglicht werden. Auch die Initiative für den Erhalt der Oase will sich daran kräftig beteiligen. Zur Kostendeckung für die nötigen Renovierungsarbeiten schlagen die Initiativen den Verkauf von RWE-Aktien vor, von denen die Stadt ein dickes Paket hat. Für einen Erfolg des Bürgerbegehrens sind knapp 15.000 Unterschriften notwendig. Die Unterschriftensammlung ist angelaufen. Für einen Erfolg des Begehrens sind knapp 15.000 Unterschriften von Wahlberechtigten erforderlich. Wahlberechtigt sind alle Einwohner der Stadt Essen über 16 Jahren, die einen deutschen Paß haben oder aus einem EU-Land kommen. Unterschriftenlisten können über die PDS-Ratsgruppe bezogen werden. Außer uns sind auch B. 90/Die Grünen und die SPD voll mit im Boot. SPD-Fraktionsvorsitzender Willy Nowack ist einer der Erstunterzeichner - wer hätte vor der letzten Kommunalwahl an so etwas gedacht?

(Wolfgang Freye)
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Alternatives Konzept für das Kuhlhoffbad

Aus: Brief an den Oberbürgermeister und die Ratsparteien

Der Erhalt des Kuhlhoffbads wird bislang durch den Oberbürgermeister, die Mehrheit des Rates und die Verwaltung als finanziell nicht realisierbar angesehen. Dabei wird von 12,5 Millionen Sanierungskosten und 700.000 DM jährliche Unterhaltung ausgegangen. Der städtische Anteil an einer Sanierung würde bei realistischer Einschätzung ca. 5,5 Millionen DM betragen. Als finanzierbare Größe würde hier bislang immer eine Zahl von 20 % der 12,5 Millionen Sanierungskosten genannt. Aus diesem Grund soll das Bad mit dem Ende der Saison 2000 schließen.

Die Interessengemeinschaft Kuhlhoffbad will an dieser Stelle nicht alle die Ihnen sicherlich bekannten guten Gründe für den Erhalt des Bads aufzählen. Stattdessen stellt Sie Ihnen mit diesem Schreiben ein alternatives Konzept zur Sanierung und zum Weiterbetrieb des Bads vor, das sie unter Einbeziehung von Fachunternehmen erarbeitet hat. Dieses Konzept macht eine Sanierung zu deutlich niedrigeren Kosten, die weit unter den bisher genannten Summen liegen, möglich und senkt die laufenden Betriebskosten soweit, dass annähernd eine Kostendeckung schon in 2001 erreicht werden kann ...

Konzeptalternative zur Erhaltung des Freizeit- und Wassersportparadies Kuhlhoffbad

Das Konzept hat zum Ansatz aufzuzeigen, dass eine Konsolidierung des Bades mit wesentlich geringeren Finanzmitteln als bislang unterstellt möglich ist. Hierzu werden verschiedene Methoden zum Ansatz gebracht:

Schrittweise Sanierung statt Luxuslösung (teurer Komplettlösung)

Kernpunkte der Sanierung sollten nacheinander und in einer Reihenfolge vorgenommen werden, die den jeweiligen Weiterbetrieb der Anlage gestattet. Zunächst sind die nachfolgenden 3 Punkte in Angriff zu nehmen:

  1. Rohrleitungssystem der Schwimmbadtechnik, um zum einen sicherzustellen, dass nicht weiterhin Betriebskosten erhöhender Wasserverbrauch entsteht und zum anderen eine Entlastung der veralteten Wasseraufbereitungsanlage zu erzeugen, was die vermutete Lebensdauer der Anlage weiterhin erhöhen dürfte ...
  2. Sanitäranlagen für eine zeitgemäße Ausstattung des Bades, die den Ansprüchen der Badegäste hinsichtlich Hygiene und Nutzbarkeit entspricht ...
  3. Restaurationanlage, die den Anforderungen und Ansprüchen der Badegäste und aber auch der Erholungssuchenden außerhalb des Bades entspricht (Schwimmbad-Cafe etc.) ...

Einrichtung spezieller Funktionsflächen im Liegebereich des Bades

Grillplätze, FKK-Gelände, Abenteuerspielplatz, Clubhaus-Anlage der Sportclubs, Unterstellflächen für persönliche Campingartikel der Badegäste (Klappstühle, Tische, Grillutensilien), Hüpfburg, Freilichbühne, Licht- und Beschallungsanlage ...

Beckenanlage, Wasserfläche

Umgestaltung des Mehrzweckbeckens mit u.a. Riesenrutsche, Schwimminseln, Poolbar etc ... Modernisierung des Babyplantschbereichs mit Schaffung einer Möglichkeit zur Lehrarbeit im Nichtschwimmerbereich.

Lean Management, minimaler Personaleinsatz

Es gibt bereits erprobte und durchgeführte Konzepte, die zu Einsparungen in Höhe von 2/3 der bisher veranschlagten Personalkosten führt (Einsatz nur eines Oberschwimmmeisters, Badleiter, automatisiertes Zugangssystem ...)

Organisation des zusätzlichen Reinigungsbedarfs durch nutzende Gruppierungen

Ansässige Vereine, Vereinsmitglieder, Übungsleiter, Helfer, Eltern, Veranstalter von besonderen Angeboten ...

Pflege und Instandhaltung der Grünfläche durch vorhandene Kräfte am Ort

...

Schrittweise Übergabe der Schlüsselgewalt an die Betreibergesellschaft (gemeinnützige GmbH)

Gewährung von Betriebskostenzuschüssen durch den Stadtsportbund, Anschubfinanzierung bei Teilübernahme ...

Einbindung von Investoren/Sponsoren beim Ausbau und bei der Sanierung des Badbereichs

...

Öffnung des Geländes für Investitionen von Sponsoren der Sportartikelindustrie

...

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Ratsgruppe stärkt Gabriele Giesecke den Rücken

"Kein Grund für Rücktrittsforderung des PDS-Kreisvorstandes"

"Streit im AStA, Ärger in der PDS", "PDS-Ratsfrau soll Mandat niederlegen" - auch solche Schlagzeilen konnte man in den letzten Wochen in der Tagespresse über die Essener PDS bzw. über die PDS-Ratsgruppe lesen. In einer Pressemitteilung des PDS-Kreisvorstandes vom 1.10.2000 heißt es: "Zehn Tage nachdem PDS-Ratsfrau Gabriele für ihre öffentliche Distanzierung von der Hochschulgruppe PDS & Linke Liste scharf attackiert worden war, gibt der Kreisvorstand der PDS Essen nun bekannt, was er als angemessene Konsequenz ansieht: die politische Verantwortung für den entstandenen Schaden zu übernehmen und ihren Rücktritt von allen politischen Ämtern zu erklären."

Worum es geht, kann man der folgenden Pressemitteilung 1.10.2000 unserer beiden PDS-Mitglieder im Rat entnehmen. Daß sich auch andere Konflikte schon länger aufgestaut haben, liegt nahe. Die Ratsgruppe hat sich jedenfalls mit großer Mehrheit hinter Gabriele gestellt. Auch der PDS-Landesvorstand sah sich zu dem eher ungewöhnlichen Schritt genötigt, sich an die Presse zu wenden und Gabriele Rückendeckung zu geben. Eine Mitgliederversammlung, die sich mit dem Thema befassen soll, berief der PDS-Kreisvorstand erst für den 2. Dezember ein. Immerhin: Die Auseinandersetzung mit den kommunalpolitischen Fragen, um die es in Essen geht, ist auch in den letzten, intern zu turbulenten Wochen, nicht völlig weggebrochen. Das zeigt auch dieses "Stadtrotinfo". Das dürfte für die Wählerinnen und Wähler, die die PDS im September 1999 in den Rat wählten, das Wichtigsten sein.

(wof)

Aus der Pressemitteilung

Wir sehen für einen Rücktritt von Gabriele Giesecke von ihrem Ratsmandat absolut keinen Grund, die Begründung der Forderung geht völlig ins Leere. Gabriele Giesecke hat sich nicht von der PDS & Linke Liste Hochschulgruppe distanziert, sondern von der Äußerung eines Mitgliedes dieser PDS-nahen Gruppe, das in einem Streit einem Kontrahenten entgegenrief: "Wenn es nach mir ginge, kämst Du in ein Vernichtungslager". Eine solche Äußerung halten wir beide nach wie vor für unentschuldbar.

Wir gehen davon aus, daß viele Wählerinnen und Wähler der PDS - die übrigens als Offene Liste angetreten ist, auf der auch etliche parteilose Linke kandidierten - gerade von den Mandatsträger/innen der PDS eine eindeutige öffentliche Positionierung gegen Äußerungen wie die gefallene erwarten - egal von wem sie kommen.

Bis vor kurzem dachten wir, daß es darum in der PDS als antifaschistischer Partei auch keinen Streit geben kann. Insofern sind wir enttäuscht darüber, daß der Kreisvorstand das anders sieht. Wir können uns aber nicht vorstellen, daß eine solche Haltung eine Mehrheit unter den Mitgliedern der PDS findet.

Gabriele Giesecke, Hans-Joachim Stahl

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Letzte Änderung: 07.04.2002 - os
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