STADTROTINFO
NR. 1,
MAI 2000
Stadtrotinfo Seite 1
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Inhalt
EditorialLiebe Leserinnen und Leser,Ihr haltet die erste Ausgabe des Info-Blattes der PDS Offenen Liste in den Händen. Vor gut sieben Monaten sind wir mit zwei Leuten in den Stadtrat gewählt worden und haben jeweils einen Sitz in den Bezirksvertretungen I Innenstadt, II Rüttenscheid /Stadtwald und III Essen-West. Damit gibt es auch im Essener Stadtrat und in einigen Bezirksvertretungen eine Opposition links von SPD und Grünen. Erstmals wieder seit dem KPD-Verbot Mitte der 50er Jahre. Seit September 1999 hat die Stadt Essen eine bürgerliche Mehrheit. Schnell wurde deutlich, wie die CDU- unterstützt von FDP und meist auch den REP - eine unsoziale Politik auf dem Rücken der schwächsten Teile der Bevölkerung durchsetzen will. So sprach Oberbürgermeister Dr. Reiniger - ohne Deckung durch einen Ratsbeschluß im November mit der Polizei die Säuberung des "Drogenstrichs" hinter der Hauptpost ab. Während ABM- und "Arbeit statt Sozialhilfe" - Stellen gekürzt werden, sollen Sozialhilfebezieher für 2 DM in der Stunde zu Zwangsarbeiten herangezogen werden. In höchstem Maße unsozial sind auch die geplanten Kürzungen im Stadthaushalt: Jugendtreffs sind von Schließung bedroht, das "Grend" steht im Hemd, die Bekleidungspausschale für Sozialhilfebezieher/innen soll gekürzt, das Kuhlhoff-Bad geschlossen werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Gegen diese Politik des sozialen Kahlschlages und der Repression ist Gegenwehr nötig - innerhalb wie außerhalb des Stadtrates. Erfreulich ist, daß sich an verschiedenen Stellen die Gegenkräfte rühren, denn nur durch eine starke Bewegung der Betroffenen selbst kann die CDU zum Einlenken gebracht werden. Wir haben vor der Wahl versprochen, Transparenz über die Vorgänge im Rathaus und über unsere Arbeit herzustellen. Deshalb wollen wir jeden Monat dieses Info herausbringen. Wir wollen damit einen Beitrag zur Entwicklung von Widerstand leisten. Wir wollen uns nicht von der Ratsarbeit auffressen lassen, sondern suchen den Dialog mit allen, die an einer Kommunalpolitik interessiert sind, die sich für die "kleinen Leute" engagiert. Eure Ratsmitglieder, Gabriele Giesecke und Achim Stahl
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2 DM-Jobs lösen kein ProblemÖffentlicher Beschäftigungssektor statt Frohnarbeit!Sozialhilfebezieher/innen sollen jetzt in Essen für 2 DM/Stunde zwangsweise zur Arbeit herangezogen werden. Diesen Beschluß faßten CDU, FDP und REP gemeinsam auf der letzten Stadtratssitzung. SPD, Grüne und PDS stimmten dagegen. 5.600 der rund 38.000 Sozialhilfebezieher/innen könnten nach Meinung der CDU arbeiten, tun es aber nicht. Mit solchen Aussagen macht die CDU Stimmung gegen die Ärmsten der Armen in dieser Stadt. Abgesehen davon, daß die Zahlen von allen Rednern der Ratsopposition angezweifelt wurden, unterstellt die CDU Faulheit und Drückebergertum, wo es doch vor allem an sozial zumutbaren Arbeitsplätzen fehlt. Sozialhilfe sichert kaum das Existenznotwendige zum Leben. Dies wenige will die CDU denjenigen, die Frohnarbeit zu einem Stundenlohn von 2 Mark zusätzlich zur Sozialhilfe ablehnen, auch noch nehmen. Daß nicht "Drückebergertum" das Problem ist, zeigt u.a. folgender Punkt: Bereits heute haben 15 % der Sozialhilfebezieher/innen in Essen einen Teilzeit oder sogar Vollzeitarbeitsplatz, können von ihrem Einkommen aber nicht leben, sondern sind auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen. Armut trotz Arbeit - eine Folge der Niedriglöhne und ein Argurnent, für den Erhalt des zweiten Arbeitsmarktes und seinen Umbau zu einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Noch besteht die Chance, die Ratsmehrheit durch öffentlichen Druck zum Einlenken zu bringen, zumal sich auch die konkrete Umsetzung immer schwieriger gestaltet. So hat das Grünflächenamt - dort sollen mehrere hundert Menschen beschäftigt werden - darauf hingewiesen, daß Anleitungspersonal sowie Sozial- und Sanitärräume und Arbeitskleidung benötigt werden. Das Grünflächenamt selbst kann diese Mittel nicht aufbringen. Öffentlicher Druck kommt auch vom DGB, der kritisiert: "Mit der vorgesehenen Strategie der CDU wird die Zahl der Arbeitslosen noch größer werden. Wenn zukünftig einfache Tätigkeiten unter Zwang von Sozialhilfeempfängern gegen einen Stundenlohn von 2 DM ausgeführt werden, fallen auch noch die letzten Arbeitsplätze dieser Art weg. Ebenso engagiert sich die "Plattform gegen soziale Kälte", die von Selbsthilfegruppen, Initiativen, Verbänden sowie den Grünen und der PDS getragen wird, gegen die 2-Marks Jobs. Die PDS forderte im Stadtrat die Ausschöpfung aller Möglichkeiten ein, Arbeitsplätze im zweiten Arbeitsmarkt zu schaffen. Diese Arbeitsplätze müssen sinnvoll sein, die Betroffenen qualifizieren und tariflich und sozialversicherungsrechtlich abgesichert sein. Druck auf die Armen werden wir weiter ablehnen, denn statt Probleme zu lösen, werden nur neue geschaffen. (syb)
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Keine Kürzungen bei den Ärmsten der Armen!Horrorkatalog erfordert auch außerparlamentarisch WiderstandDie folgende Stellungnahme wurde von der letzten Mitgliederversammlung der PDS Essen einstimmig beschlossen. Die PDS Essten lehnt das von der Verwaltungsspitze unter Leitung von Oberbürgermeister Dr. Reiniger (CDU) vorgelegte Haushaltssicherungskonzept für die Jahre 2000 bis 2007 ab. Das vom Regierungspräsidenten vorgebene Spardiktat von 200 Mio. DM im Jahr soll vor allem durch drastische Kürzungen im Jugend- und Sozialhaushalt, durch Stellenstreichungen und Kürzungen bei den Zuschüssen für Einrichtungen wie den Öffentlichen Nahverkehr erreicht werden. Essen wird sich dadurch noch weiter vom Ziel einer sozialen ökologischen Großstadt entfernen. Die PDS sieht ihre Aufgabe in entschiedener Opposition gegen das Haushaltssicherungskonzept. Insgesamt 16,7 Mio. DM sollen im Bereich Bildung und Kultur gestrichen werden. 37.5 Mio. DM in Bereich Jugend und Soziales. Um nur einige einzelne Punkte des Horrorkataloges zu nennen:
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Aus den Bezirksvertretungen
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Inhalt Friedenspolitik Deutscher Kriegseinsatz - kein Thema Vor einem Jahr begann der NATO-Kriegseinsatz im Kosovo. Zum erstenmal nach dem II. Weltkrieg auch unter Beteiligung deutscher Soldaten. Die PDS-Ratsgruppe wollte dieses Datum im Rat zum Thema machen. Zur Ratssitzung am 29. März schlug sie den Tagesordnungspunkt "Jugoslawien - Unterstützung statt fragwürdiger Symbolik" vor. In ihrem Antrag kritisierten die PDS Ratsmitglieder u.a. Oberbürgermeister Dr. Reiniger, der dem zur Zeit im Kosovo stationierten Fernmelderegiment 990 aus Essen eine Stadtfahne und ein Essener Ortsschild geschenkt hatte, die dieses in bester kolonialistischer Tradition prompt im Kosovo aufgestellt hatte. Die CDU lehnte es jedoch ab, den Antrag überhaupt zu befassen. Da die FDP sich enthielt, konnte sich die CDU durchsetzen: Obwohl alle anderen Ratsparteien für eine Befassung waren, wurde der Antrag nicht auf die Tagesordnung genommen. In der Rede, die Achim Stahl im Rat nicht halten konnte. heißt es: "Es geht durchaus um kommunale Angelegenheiten, wenn wir in unserem Antrag neben der Zurückbeorderung der Fahne und des Schildes ... fordern, daß Menschen, die in Essen Zuflucht gefunden haben, nicht abgeschoben werden und daß Versöhnungsarbeit, Hilfsmaßnahmen der Stadt und materielle Hilfe, v.a. durch Essener Unternehmen, für die Bevölkerung in den Krisengebieten des (ehemaligen) Jugoslawiens eingeleitet werden. Deutsche Soldaten bombardierten im II. Weltkrieg auch Serbien und waren dort Besatzerarmee. Die NATO-Bombardierungen der Gebiete des (ehemaligen) Jugoslawiens ... haben Deutschland ... erneut schuldig gemacht. Deutsche Soldaten haben der dortigen Bevölkerung keinen Frieden gebracht, sondern die Konflikte eher verschärft ... Zu einer möglichen Versöhnungsarbeit mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen aus den ehemaligen Kriegsgebieten, die in Essen als Migranten und F1üchtlinge leben, gehören z.B. Recherchen, um bestehende offizielle und inoffizielle Kontakte zu hier lebenden Personen und Organisationen aus den ehemaligen Kriegsgebieten sowie möglichen Vermittlern ... herzustellen ..." Die Forderungen sind nach wie vor berechtigt. Beim diesjährigen Oster marsch wurde ihnen Nachdruck verliehen. (hjs) Inhalt Drogenpolitik Statt Liberalisierung: Verfolgung und RepressionDie "Szene am Südausgang des Hauptbahnhofs", die Brutalität der Freier gegenüber den Frauen auf dem Drogenstrich hinter der Hauptpost - jeder sieht die Notwendigkeit zum schnellen Handeln. Die jahrelange Verzögerung des Baus von Entgiftungsbetten im Knappschaftskrankenhaus in Steele, der von Oberbürgermeister Dr. Reiniger und der neuen Ratsmehrheit erwogene Ausstieg aus dem Heroinvergabe-Projekt und die Verdrängung des Drogenstrichs aus der Innenstadt sind aber genau die falschen Signale. Sie sind ein Ausdruck von Konzeptionslosigkeit, denn Verfolgung und Ausgrenzung lösen kein einziges Problem. Statt dessen kommt es darauf an die geplanten Hilfsprojekte rasch umzusetzen und ein Gesamtkonzept zu entwickeln, wie den rund 5.000 Drogenkranken in Essen geholfen werden kann. Ein solches Gesamtkonzept erfordert an erster Stelle Toleranz, sowohl gegenüber Drogenkranken wie auch Obdachlosen, Bettlern und anderen, die die Essener Verwaltungsspitze durch eine Verschärfung der Verordnung zur Ordnungspolitik aus der Innenstadt vertreiben will. Es ist doch ein schlechter Witz, wenn "aggressives Betteln" in Zukunft mit bis zu 2.000 DM BuRgeld bedroht werden soll - zumal manche Geschäftsleute es schon für aggressiv halten, wenn eine Bettlerin vor ihren auf Hochglanz polierten Schaufensterauslagen sitzt. Die Stadt gehört allen Menschen. Es kann nicht sein, daß die Innenstadt "geReiniger-t" wird, damit die zahlungskräftigen Kunden - und nur diese - sich dort wohl fühlen und nicht belästigt werden durch den Anblick von Menschen, die aus dieser Gesellschaft heraus gekegelt wurden. Hier ist Hilfe gefordert. nicht Ausgrenzung. ![]() "Die Gespräche und der Rundgang haben mir erneut deutlich gemacht, dass eine Liberalisierung der Drogenpolitik dringend erforderlich ist." Das erklärte die Innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, MdB. (2. von links) am 18. April bei einem Besuch in Essen. Gemeinsam mit den PDS-Vertretern im Rat, Gabriele Giesecke und Achim Stahl, informierte sich Ulla Jelpke bei der Dezernentin für Umwelt und Gesundheit, Eva-Maria Krüger. Anschließend ließ sie sich vom Leiter der Krisenhilfe e.V., Alfred Ferena (links außen), das "Krisencafe", die Methadon-Ambulanz und andere Einrichtungen der Drogenhilfe zeigen. InhaltNPD-Aufmarsch: Der Ruhrpott stellt sich quer!Nur ausgesprochen zaghaft hat sich Oberbürgermeister Dr. Reiniger zu der Absicht der NPD geäußert, am Samstag, 6. Mai in Essen aufzumarschieren. Verbotsmöglichkeiten sieht er nicht, auf der Gegendemonstration kann er nicht sprechen, so seine Antwort auf einen Brief der SPD. Da hätte man von einem Stadtoberhaupt doch anderes erwartet, wenn eine faschistische Partei das erste Mal seit 1969 wieder in Essen demonstrieren will - zumal wenn er einer Partei angehört, deren Spitzenkandidat mit der Losung "Kinder statt Inder" im Landtagswahlkampf selbst Rassismus schürt. Das Bündnis gegen Rechts, das zwischenzeitlich von vielen antifaschistischen Organisationen, von DGB, PDS, Bündnis 90/Die Grünen und SPD unterstützt wird, will die geplante NPD-Demonstration möglichst verhindern. Am 6.5. findet ab 9.30 Uhr auf dem Willy-Brand Platz eine Kundgebung mit anschließender Demonstration durch die Innenstadt statt. Gabriele Giesecke, Sprecherin der PDS-Gruppe im Rat, hat sie angemeldet. |