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17. Oktober 2000
Anfrage zur Sitzung des Hauptausschusses am 18. Oktober 2000
Grußwort an die türkische Organisation Milli Görüs
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Grußwort an die türkische Organisation Milli Görüs

PDS Offene Liste im Rat der Stadt Essen

Herrn
Oberbürgermeister Dr. Reiniger
Essen, 17. Oktober 2000

Anfrage zur Sitzung des Hauptausschusses am 18. Oktober 2000

Grußwort an die türkische Organisation Milli Görüs

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

wir bitten Sie, in die Tagesordnung der morgigen Sitzung des Hauptausschusses einen Punkt "Grußwort des Oberbürgermeisters bei Milli Görüs" aufzunehmen oder bei den Mitteilungen der Verwaltung zu den untenstehenden Fragen Stellung zu nehmen.

Wie Sie wissen, begrüßen wir alle Bemühungen um die Integration der Einwohner/innen ausländischer Herkunft. Die PDS ist selbstverständlich auch der Meinung, daß das Recht auf Religionsfreiheit auch für die nicht-deutsche Bevölkerung in vollem Umfang gilt und gerade auch auf diesem Feld eine interkulturelle Zusammenarbeit entwickelt werden muß.

Wir haben jedoch kein Verständnis dafür, daß Sie am letzten Samstag ein Grußwort beim "Jugendtag" der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) gesprochen haben.

Die IGMG vertritt extrem rechte, islamistische Positionen und ist antisemitisch. In Schulungstexten findet man unter der Rubrik "unsere Feinde" den Kommunismus, das Kapital und eben "den" Juden. Wenige Tage nach den Steinwürfen auf die Alte Synagoge setzt Ihr Grußwort ein fatales Zeichen. Es gefährdet die Glaubwürdigkeit der verantwortlichen Kräfte in dieser Stadt, sich gegenüber rechtsradikalen Positionen deutlich abzugrenzen - egal, von wem sie geäußert werden.

Die IGMG ist auch laut Verfassungsschutzbericht - der in diesem Punkt Recht hat - eine islamistische Organisation, die einen weltweiten, islamischen "Gottesstaat" zum Ziel hat. Sie hat enge Verflechtungen zum rechtsradikalen türkischen Parteienspektrum.

Die IGMG wurde 1972 als AGMT als Anhängsel der 1980 verbotenen MSP (Nationale Heilspartei) gegründet, war in den 90er Jahren eng mit der 1997 verbotenen Refah-Partei verbunden und arbeitet heute mit deren Nachfolger, der Fazilet-Partei zusammen. Noch im letzten Jahr sprach beim "Jugendtag" in Düsseldorf ein Vertreter von Fazilet. Die Refah-Partei hat in der Türkei Wahlbündnisse mit der faschistischen MHP gebildet, die Partei der "Grauen Wölfe", die für zahlreiche Terror- und Mordanschläge in der Türkei und auch im Ausland, u.a. in der Bundesrepublik, steht.

In Schulungen von Milli Görus werden darüber hinaus immer wieder Positionen vertreten, die sich gegen eine Integration im Sinne eines interkulturellen Zusammenlebens in der Bundesrepublik richten.

Dazu stellen wir folgende Fragen:

  1. Wann und von wem haben Sie die Einladung für die Veranstaltung erhalten?
  2. War Ihnen bei Ihrer Zusage bekannt, daß die IGMG die oben genannten Ziele vertritt, übrigens im deutlichen Gegensatz zu anderen türkischen, islamischen Organisationen wie der DITIB?
  3. War Ihnen bekannt, daß die IGMG enge Verflechtungen zum rechtsradikalen türkischen Parteienspektrum hat?
  4. Meinen Sie, daß es der Integration der hier lebenden ausländischen Bevölkerung nutzt, wenn Sie bei Veranstaltungen von politischen Kräften sprechen, die extrem rechte, antisemitische Positionen vertreten?
  5. War Ihnen bekannt, daß der Stuttgarter Oberbürgermeister, ebenfalls CDU-Mitglied, es erst kürzlich ablehnte, Vertreter der IGMG zu einer Veranstaltung einzuladen, weil er nicht für die Förderung des von der IGMG verbreiteten Gedankengutes Pate stehen wollte?
  6. Was hat Sie dazu bewogen, an Ihrem Grußwort festzuhalten, obwohl Sie spätestens durch die öffentliche Kritik in der Presse einige Tage vorher auf die Problematik hingewiesen wurden?
  7. Sehen Sie mit uns die Notwendigkeit, solche Auftritte in Zukunft zu vermeiden und welche Vorkehrungen haben Sie getroffen, um das zu tun?
  8. Wie verträgt sich Ihr Auftritt mit der Ablehnung der Schirmherrschaft über Veranstaltungen wie "Labyrinth Fluchtweg"?

Mit freundlichen Grüßen

Partei des Demokratischen Sozialismus, Gruppe im Rat der Stadt Essen

Letzte Änderung: 05.10.2001 - nn
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