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Ratsgruppe Essen

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24. März 2000
Pressemitteilung: Dr. Reinigers "neuer Stil": Politik nach Gutsherrenart ?
Übersicht

Herrn
Oberbürgermeister Dr. Reiniger
Rathaus
45121 Essen
Essen, 19. März 2000
Sitzung des Rates der Stadt am 29.03.2000
TOP: Jugoslawien - Unterstützung statt fragwürdiger Symbolik

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

zu dem unter o.g. Titel von uns beantragten Tagesordnungspunkt stellt die PDS Gruppe im Rat folgenden Antrag:

  1. Der Rat der Stadt Essen fordert Oberbürgermeister Dr. Reiniger auf, die Fahne und das Ortsschild der Stadt Essen vom Fernmelderegiment 990 der "Headquarter Kosovo Forces" umgehend zurückzuordern und sich offiziell bei der Bevölkerung für die Aufstellung zu entschuldigen.
  2. Die Stadt Essen unterstützt eine Versöhnungsarbeit der verschiedenen Bevölkerungsgruppen aus dem ehemaligen Kriegsgebiet, die in Essen als Migranten und Flüchtlingen leben. Die Zusammenführung und die Vermittlung von Kontakten kann zur Bildung von "Keimzellen für eine Versöhnung" der verfeindeten Bevölkerungsgruppen führen.
  3. Die Stadt Essen wirbt insbesondere bei Essener Unternehmen für materielle Hilfe für den Wiederaufbau in den ehemaligen Kriegsgebieten. Damit sollen vor allen Dingen Kräfte vor Ort unterstützt werden.
  4. Der Rat spricht sich gegen die Abschiebung von Flüchtlingen in die Krisengebiete in Jugoslawien aus und fordert die Verwaltung auf, ihren rechtlichen Spielraum zugunsten der Flüchtlinge voll auszuschöp-fen.

Begründung:

Die PDS-Ratsgruppe stellt diesen Antrag in Absprache mit dem Essener Friedensforum, dem Anti-Rassismus-Telefon/Interkulturellen Solidaritätszentrum und Pro Asyl.

Der sich nun jährende Beginn des NATO-Kriegseinsatz, an dem sich auch deutsche Soldaten zum ersten-mal nach dem 2. Weltkrieg beteiligten, hat im Kosovo zu keinem Frieden geführt.

Im Unterschied zum Oberbürgermeister, der "die Überlassung der Stadtfahne und des Ortsschildes ausschließlich als Zeichen der Verbundenheit des Heimatstandortes mit den Soldaten und keineswegs als Ausdruck einer Besatzermentalität" wertet und "keinen weiteren Handlungsbedarf sieht" (Antwortschreiben vom 2.3.2000 auf den Offenen Brief des Essener Friedensforums), halten wir diese Symbolik für fragwürdig und friedliches, konfliktminderndes Handeln für erforderlich.

Zu der möglichen Versöhnungsarbeit in Essen gehören z.B. Recherchen, um bestehende offizielle und in-offizielle Kontakte zu hier lebenden Personen und Organisationen aus den ehemaligen Kriegsgebieten so-wie zu möglichen Vermittlern - u.a. kirchlichen Gruppen, NGOs und anderen Initiativgruppen - herzustellen und diese zu einem Versöhnungskreis zusammenzuführen. Gefördert werden können auch Mediations-/Konfliktmanagement-Ausbildungen der Vermittler/Gruppen.

Militärs können die o.g. Versöhnungsarbeit nicht leisten. Sie stehen für strukturelle Gewalt bzw. werden von Bevölkerungsgruppen im Kosov@ so erlebt. Dies gilt v.a. für deutsche Soldaten, die im 2 Weltkrieg Serbien bombardiert haben und Besatzerarmee waren.

Abschiebungen in die ehemaligen Kriegsgebiete sind nicht zuletzt für die Roma-Flüchtlinge, die zwischen allen Fronten stehen, eine Bedrohung ihrer Existenz.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Giesecke
Hans-Joachim Stahl

Pressemitteilung:

Dr. Reinigers "neuer Stil": Politik nach Gutsherrenart?

Obwohl sich der Ältestenrat am 9.2.2000 darauf verständigt hat, eigenständige Anträge der Gruppen im Rat der Stadt Essen zu akzeptieren, hat Oberbürgermeister Dr. Reiniger erneut einen fristgerecht eingereichten Antrag der PDS nicht auf die Tagesordnung der nächsten Ratssitzung gesetzt. Dr. Reiniger hielt es bisher noch nicht einmal für notwendig, der PDS-Gruppe die Gründe dafür zu erläutern.

"Der ,neue Stil' von Herrn Dr. Reiniger ist in einigen Facetten wohl eher altbackene, provinzielle Politik nach Gutsherrenart," sagte die Sprecherin der PDS-Gruppe im Rat, Gabriele Giesecke. "Einen Antrag der PDS zur ,Ideenwerkstatt Innenstadt' hat Dr. Reiniger akzeptiert. Den Antrag ,Jugoslawien: Unterstützung statt fragwürdiger Symbolik' läßt er unter den Tisch fallen. Es geht ihm anscheinend also um den Inhalt des Antrages, und das nennt man politische Zensur."

Anlaß für den Antrag der PDS ist die von politischen Gremien in keiner Weise gedeckte Übergabe eines Schildes der Stadt Essen und einer Stadtfahne an das Fernmeldebataillon 990 aus Essen, das zur Zeit im Kosovo stationiert ist. Die dahinter steckende Symbolik war auch vom Essener Friedensforum heftig kritisiert worden.

Es geht also durchaus um kommunale Angelegenheiten, auch bei den von der PDS-Gruppe im Rat vorgeschlagenen Hilfsmaßnahmen und der Position zu Abschiebungen in die Krisengebiete im (ehemaligen) Jugoslawien. Die PDS-Gruppe im Rat hat Herrn Dr. Reiniger deshalb mitgeteilt, dass sie selbstverständlich an dem Antrag festhält.


Letzte Änderung: 05.10.2001 - nn
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